Fußball in den Wendejahren: Eine Geschichte von Umbruch und Einheit
1989/90 war eine Zeitenwende. Im Herbst 1989 fiel die Mauer, der Kalte Krieg ging zu Ende. Und auch auf dem Rasen schien das Timing perfekt: Im Sommer 1990 wurde die DFB-Auswahl in Italien Weltmeister Jubel von Köln bis Dresden, von Rostock bis München – endlich grenzenlos. Doch während im Westen alles weiter lief wie bisher, ging im Osten die Sonne unter. Der Alltag implodierte, Fabriken und Betriebe schlossen, die Arbeitslosenzahlen schnellten in die Höhe. Die, die konnten, suchten ihr Glück im Westen.
Tiefgründige Erkundung des ostdeutschen Fußballs
Im Gegenzug kamen viele Hasardeure, Glücksritter und Abenteurer, die „drüben“ nun die große Chance witterten. Auf die Euphorie der Wende folgte bald Ernüchterung und der schnelle Ausverkauf, auf die Ekstase folgte Agonie – auch im Fußball. Die führenden Ost-Klubs mussten um die wenigen ihnen zugewiesenen Plätze im gesamtdeutschen Profifußball kämpfen, während sich die Vereine aus dem Westen die besten Spieler der untergehenden DDR sicherten. Die Folgen sind bis heute zu spüren und zu sehen. In den Tabellen und Stadien, in den Kurven und Kabinen. Und dennoch weist gerade die gesamtdeutsche Erinnerungskultur in Bezug auf den Fußball noch so manchen blinden Fleck auf.
Aus historischer Sicht befasst sich Jan Mohnhaupt seit Jahren mit dem ostdeutschen Fußball zur Wendezeit. Wie stark diese Umbruchphase noch heute die Atmosphäre in den Stadien prägt, hat er am Beispiel des 1. FC Magdeburg beobachtet und miterlebt. Zudem sprach der Autor im Rahmen der Recherche zu diesem Buch mit zahlreichen Fans von Rostock bis Jena, von Dresden bis Magdeburg (BFC Dynamo, 1. FC Union, 1. FC Magdeburg, Dynamo Dresden, Hansa Rostock, Lok und Chemie Leipzig, Hallescher FC, Carl Zeiss Jena, Wismut/Erzgebirge Aue und Motor/Optik Rathenow).